Gartenbauschule Hünibach
Chartreusestrasse 7
3626 Hünibach
Anreise
PW: Autobahnausfahrt Thun Nord, weiter in Richtung Gunten bis Hünibach. In der Chartreusestrasse links abbiegen. Wenige Parkplätze sind vorhanden.
ÖV: Bus Linie 21 ab Bahnhof Thun Richtung Oberhofen/Interlaken bis Haltestelle Hünibach Chartreuse. Fahrplan via SBB.ch
Allmendstrasse 37
3661 Uetendorf
Anreise
PW: Autobahnausfahrt Thun Nord, weiter in Richtung Seftigen. Zweimal links abbiegen in Richtung Uetendorf Allmend. Anschliessend auf der Uttigenstrasse bis zur Abzweigung rechts auf die Allmendstrasse (Wegweiser "Mehrzweckhalle"). Der Allmendstrasse rund 900m folgen. Öffentliche Parkplätze sind vorhanden.
ÖV: Zug bis Uetendorf, anschliessend zu Fuss rund 10-15 Minuten in Richtung Uetendorf Allmend. Fahrplan via SBB.ch
Hedwig Müller war die Schwester der bekannten Jugendbuchautorin Elisabeth Müller, die wie sie in Hünibach lebte. 1934, mitten in der Wirtschaftskrise, gründete sie die Gartenbauschule Hünibach.
«Die Gärtnerinnenschule Hünibach stellt sich zur Aufgabe, junge Töchter, die Freude und Interesse an der Natur und an der Pflanzenwelt haben, im Gartenbau einzuführen und zu Gärtnerinnen auszubilden.» So steht es im Ausbildungsprospekt der Gartenbauschule Hünibach, der in den 1940er Jahren um «junge Töchter» warb.
Ein wildes und eigensinniges Mädchen
Gegründet wurde die «Gärtnerinnenschule» 1934 von Hedwig Müller, einer Pfarrerstochter aus Langnau im Emmental, von der es hiess, sie sei ein wildes und und eigensinniges Mädchen gewesen, das sich ganz und gar nicht wie eine Pfarrerstochter verhielt. Schon früh äusserte sie den Wunsch, Gärtnerin zu werden. Ihre Familie war nicht erfreut, doch die junge Frau setzte ihren Willen durch und erlernte in der Gartenbauschule Niederlenz einen Beruf, der damals Männern vorbehalten war.
Die «Gärtnerinnenschule Hünibach» wird gegründet
Anlässlich eines Verwandtenbesuchs in Hünibach im November 1933 entdeckte die 38-jährige Hedwig bei einem Spaziergang das eingemauerte und verwilderte Chartreuse-Areal mit der verwahrlosten Gärtnerei. Sie handelte schnell: 1934 pachtete sie mit einer befreundeten Hauswirtschaftslehrerin den Ökonomieteil des Guts Chartreuse, notabene ohne eigenes Geld, und gründete mitten in der weltweiten Finanzkrise die «Gärtnerinnenschule Hünibach». Damit ermöglichten sie erstmals jungen Frauen eine Ausbildung, die zuvor nur Männern offen gestanden hatte.
Die Pionierin erhält Verstärkung
Ein Jahr später traten zwei Frauen auf den Plan, ohne deren Hilfe die Schule nicht hätte fortbestehen können: die Gärtnerinnen Gertrud Neuenschwander und Ruth Pfisterer. Alle drei Frauen verfügten über umfassende Bildung, waren musikalisch und hatten einen Sinn für die Kunst. 1944 kauften sie gemeinsam die Chartreuse und brachten dafür in einem gewaltigen Effort 210'000 Franken zusammen – eine für die damalige Zeit riesige Summe. Die Gebäude und Anlagen wurden in den folgenden Jahren grundlegend umgebaut und erweitert.
Täglich 16 Stunden Arbeit ohne Lohn
Die drei Gründerinnen blieben bescheiden: Sie lebten in kleinen Zimmern und arbeiteten 16 Stunden am Tag ohne Lohn. Dass sie zeitlebens ledig blieben, mag seinen Grund darin haben, dass eine Frau nach dem alten, bis 1988 gültigen Eherecht einen Teil ihrer Mündigkeit einbüsste. Der Mann war das Oberhaupt der Familie, er verdiente das Geld und bestimmte den Wohnort; Gewalt in der Ehe war Privatsache. Niemals hätten die drei Frauen dieses beeindruckende Lebenswerk schaffen können, wären sie verheiratet gewesen.
Pionierinnen im biodynamischen Gartenbau
Hedwig Müller und Ruth Pfisterer waren Pionierinnen im biodynamischen Gartenbau. Insbesondere letztere war bewandert in Chemie und Fruchtbarkeitszyklen im Zusammenhang mit den Gestirnen und Lehrerin für Botanik. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte man damit begonnen, in der Landwirtschaft künstlichen, stickstoffhaltigen Dünger einzusetzen – mit weitreichenden ökonomischen und ökologischen Folgen.
Mit Rudolf Steiner fing es an
Die Vorträge von Rudolf Steiner 1924 in Breslau über eine Bodenbebauung im Einklang mit der Natur gelten als Geburtsstunde des biodynamischen Landbaus. Die drei Frauen nahmen diese Gedanken auf – zu einer Zeit, als man sich über solche Ideen noch lustig machte. Das Leitbild der Schule sprach sich für eine umfassende Bildung der jungen Mädchen aus: Sie sollten nicht nur eine fachliche Ausbildung erhalten; auch der Charakter, das politische Bewusstsein und künstlerische Talente sollten gefördert werden.
Der steinige Weg zur GSH
Der grosse Idealismus der Gründerinnen reichte indes nicht aus, um das Fortbestehen der Schule zu sichern. Es fehlte an Geld, und so bat man Ende der 60er Jahre mittels Gesuch beim Kanton Bern um Unterstützung. Diese erfolgte erst ab 1978 – und der Weg blieb steinig: Anfang der 90er Jahre waren nur noch neun Lehrtöchter an der Schule. Man beschloss, sie auch für junge Männer zu öffnen und gab ihr einen neuen Namen: Gartenbauschule Hünibach, kurz GSH.
Mehr über die Vergangenheit der Gartenbauschule erfahren Sie in diesen Dokumenten:
Das Archiv zur Geschichte der schweizerischen Frauenbewegung sammelt Quellen, welche die Arbeit der Schweizer Frauen massgeblich dokumentiert. Der Einsatz unserer Gründerinnen, um jungen Frauen eine Lehre zu ermöglichen, hat dazu geführt, dass auch unsere Archivschätze in der Stiftung öffentlich zugänglich gemacht wurden.
Gosteli-Stiftung